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Tag 23 - von Carrion nach León

Samstag 18. April 2015

Gestern Abend habe ich im Hotel Real Monasterio San Zoilo in Carrion in super schönem Ambiente zu Abend gegessen.

Die Preise für die Zimmer sind sensationell günstig, dafür ist Speis und Trank etwas höher angesiedelt, aber immer noch im normalen Bereich. Bedienung und Qualität waren hervorragend!

Heute stand eine längere Etappe an von Carrion nach León. Ich wollte diese letzte grosse Etappe für mich besonders geniessen, war es doch von allen die flachste Etappe aus Sicht der Höhenmeter. Da freute ich mich darauf, etwas Tempo bolzen zu können! Die Landschaft versprach nicht viel Abwechslung, also könnte man etwas Tempo reinbringen, dachte ich. Gestartet bin ich erst um 09:30 Uhr da das Morgenessen erst ab 08:00 Uhr bereit ist. Da wird aber kein Problem, da ich in fünf Stunden weit komme, wenn ich Gas geben kann.

Entgegen meiner sonstigen Gepflogenheiten checkte ich die Hotels am Zielort in León. Man weiss ja nie, zudem ist Wochenende. Und wirklich, Schnäppchen hatte es nur noch wenig, León war zu 72% ausgebucht am Freitag Abend. So buchte ich gleich für zwei Nächte im Silken Luis de León, und das für 113€ für beide Nächte, Mehrwertsteuer inbegriffen!

Also Samstag Morgen bezahlt, Gefährt beladen und ab geht die Post. In den Bergen hatte es die Nacht anscheinend geschneit, es war empfindlich kalt. Das wird nicht lange dauern, dann kommt die Sonne und wärmt, so dachte ich vor mich hin. Die Sonne kam, aber auch Wolken und ein starker, bissiger und sehr kühler Westwind. Ich musste bald anhalten, die Mütze unter dem Helm anziehen und die wärmeren Handschuhe anziehen. Der Wind wurde immer stärker. Meine Vorsätze für heute, mal ein wenig auf die Tube zu drücken, wurden zunichte gemacht. Ich muss sagen, inzwischen habe ich das Powermanagement von mir selber und den Akkus voll im Griff. Ich rechne immer genügend Reserve ein mit den Strecken, die angegebenen Kilometer stimmen ja eh nie: Dazu kenne ich die Strecken nur aus dem Höhenprofil, es ist aber ein eminenter Unterschied, ob es windstill ist oder ob ein derartig böser Gegenwind weht! Nach dem Akkuwechsel bei gefahrenen 67 Km ging es noch ein Stück, dann folgten mehrere leicht ansteigende Ebenen. Im Normalfall würde ich hier eine Geschwindigkeit von 30 bis 35 Km/h fahren, der Gegenwind zwang mich, die Ecostufe einzuschalten und mit 15 - 20 dahin zu kämpfen.

Etwa nach 80 Km taten Oberschenkel und Hosenboden derart weh, dass ich eine Pause einschalten musste. Ich sah ein, dass ich den Rest des Weges in der Ecostufe fahren musste, sonst würde dem Akku der Saft ausgehen. Auf den verdammten Westwind kriegte ich einen richtigen Wutanfall und wollte schon toben. Was hatte Frau Müller von Bargen gesagt? Wenn Du Dich selber in die Scheisse hineingeritten hast, kannst Du Dich auch selber wieder rausholen! Ja Frau Müller, recht haben Sie! Ich kann toben wie ich will, der Wind wird nicht schwächer! Also Eco Stufe rein, eine Kadenz fahren, die ich stundenlang aushalte und treten, treten, treten. Runterfahren mir den Emotionen und in die regelmässige Monotonie des Tretens hineingehen. Plötzlich verschwindet die Wut, die Gedanken werden wieder frei und können somit wieder in die Tiefe gehen! Insgesamt über den ganzen Tag gesehen verlor ich etwa zwei Stunden durch die langsamere Gangart wegen dem Wind.

Was hatte Bruno gesagt? "Weisst Du, ich habe ja eh nichts anderes zu tun als zu gehen." Recht hast Bruno, ich hatte ja ebenfalls nichts anderes zu tun als Velo zu fahren! Spielt doch überhaupt keine Rolle, ob ich etwas früher oder etwas später ins Hotel komme! Nochmals - runter mit den Emotionen, annehmen, was gegeben ist und nicht von mir beeinflusst werden kann - den Wind kann ich nicht aufhalten.

Es wurde schwärzer und schwärzer in der Richtung, in die ich fahren musste. Also liebe Wettermacher, den ganzen Tag hatte ich kalt, vom Morgen bis zum Abend hatte ich immer einen gegen mich, den Westwind. Und jetzt bitte verschont mich - nicht auch noch ins Gewitter reinfahren, das würde mir echt ablöschen! Ehrlich gesagt, hatte ich heute ein riesiges Motivationsproblem. Ich musste ja rassig unterwegs sein, weil die Wetterprognosen für den späteren Nachmittag wieder Gewitter ansagten. Ich trat mit letzter Kraft in die Pedalen, um trocken anzukommen.

Einige Spritzer erwischte ich eine halbe Stunde vor Ankunft, immer wieder hörte es auch und kam dann wieder, aber noch nicht so ernsthaft, dass ich die Regenkleider hätte montieren müssen. Bis 400 Meter vor dem Ziel ging alles gut, da liessen die Wolken ihre gewaltige Ladung fallen. Ich konnte mich gerade noch unter dem Vordach eines Geschäftes in Sicherheit bringen. Da sah ich erst im Navi, dass ich ganz kurz vor dem Ziel war. Nach einer halben Stunde hatte sich die schwarze Wolke entleert, die paar Tropfen, die jetzt noch kamen, machten mir nichts aus. Gottlob hatte ich reserviert, das wäre jetzt sehr unangenehm gewesen, zu dieser Zeit und bei diesem Wetter ein Hotel suchen zu müssen.

Wieder kann man aus solchen Situationen fürs Leben lernen: Was unabänderlich gegeben ist und durch nichts beeinflusst werden kann - akzeptieren, sich dreinschicken und durch!

So konnte ich doch noch trocken im Hotel einchecken nach gefahrenen 140 Kilometern. Glücklich und müde und sogar wieder zufrieden mit dem Westwind, er hatte mir ja nichts weggenommen, er hatte mir zwei Stunden geschenkt zum besseren Nachdenken! Zudem kann ich jetzt beruhigt sagen, dass ich diesen freien Tag hart erkämpfen musste!

Für Morgen Sonntag habe ich mir einen freien Tag gegönnt, ich werde León ansehen, und wieder berichten, was ich so erleben durfte.

Bis Morgen und gute Nacht!